IFO: Herr Spirkl, Sie sind gerade von den Aufstellungsversammlungen von SPD und FDP als Kandidat für das Bürgermeisteramt nominiert worden. Stellen Sie sich doch bitte unseren Lesern kurz vor.
Spirkl: Ich bin in Oberschleißheim aufgewachsen, von Beruf Physiker, und arbeite gerade an der TU München an meiner Promotiondie ich dieses Jahr beenden werde. Ich bin 30 Jahre alt, seit 11 Jahren Gemeinderat in Oberschleißheim und seit 2010 im Kreistag des Landkreises München. Seit 2 Jahren bin ich Sprecher der SPD-Fraktion im Gemeinderat. Seit kurzem bin ich mit meiner Frau Jutta verheiratet. Sie steht hinter meiner Kandidatur und unterstützt mich voll. Dafür danke ich ihr sehr.
IFO: Wie stehen Sie zur zukünftigen Entwicklung unseres Ortes?
Spirkl: Unser Ort wird sich in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Der Großraum München wächst und wird auch in den nächsten Jahren weiter wachsen. Die Grundstückspreise und auch die Mieten steigen sehr stark an. Gemeinden können nur dadurch gegensteuern, indem weitere Wohngebiete ausgewiesen werden. Ich finde, dass dies bei uns wie in den letzten Jahren organisch erfolgen muss. Das bedeutet insbesondere ein langsames Wachstum von durchschnittlich 2% pro Jahr. Die Integration neuer Mitbürger ist so möglich und der Ort wird nicht überfordert. Die Ausweisung von neuem Wohnraum muss aber auch flankiert werden mit der Ausweisung von Gewerbegebieten. Der Gemeinde werden immer mehr Aufgaben wie der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz aufgebürdet, ohne dass ein finanzieller Ausgleich stattfindet. Die Gemeinde braucht daher ein solides finanzielles Fundament. Dazu gehören neue Gewerbegebiete, aber auch die weitere Absenkung der Schulden, damit nicht wertvolle Mittel für Zinsen ausgegeben werden müssen. Ich strebe eine neue Ortsmitte an, die Oberschleißheim deutlich aufwertet. Die Pläne der REWE-Gruppe, den Supermarkt am Stutenanger umzugestalten und zu vergrößern, sind dazu eine einmalige Gelegenheit. Wir können dadurch eine attraktive Ortsmitte mit hoher Aufenthaltsqualität gestalten. Das bedeutet, dass Einzelhandel auf der grünen Wiese tabu ist und dass die Gestaltung der Ortsmitte so interessant sein muss, dass die Menschen gerne dort einkaufen, ihre Zeit verbringen und die Ortsmitte beleben. Durch die zentrale Lage wird die angespannte Verkehrssituation nicht weiter belastet. Die Anordnung der Stellplätze in einer Tiefgarage ergibt eine optimale städtebauliche Situation. Durch das zweite Gebäude als Ersatz für die Gaststätte und Läden wird der zentrale Platz zu einem Kommunikationspunkt in Oberschleißheim.
IFO: Wie stehen Sie zu neuen Wohn- und Gewerbegebieten?
Spirkl: Der Bereich westlich des Gänsbaches bis zur A 92 eignet sich hervorragend für ein neues Wohn- und Gewerbegebiet. Die Lage an der Autobahn und der geplanten verlegten St. 2342 ermöglicht die Erschließung. Von allen verfügbaren Flächen in Oberschleißheim ist dies die am besten geeignete für die weitere Ortsentwicklung. In Verhandlungen mit dem Freistaat Bayern wird es darum gehen, einen Teil dieser Fläche als Standort für Gewerbe zu entwickeln. Die Alternative, die bei einem negativen Bürgerentscheid umgesetzt werden müsste, ist, dass Oberschleißheim keine weiteren Gewerbegebiete ausweisen könnte. Dies würde allerdings bedeuten, dass die Steuereinnahmen auf niedrigem Stand stagnieren. Die weiteren als Alternative für diesen Standort eingebrachten Flächen kommen m.E. nicht in Frage. So würde der von anderer Seite immer wieder in die Debatte eingebrachte Gebietstausch mit der Stadt Unterschleißheim zu einem durchgehenden Gewerbegebiet vom HIT-Markt in Oberschleißheim bis zur Autobahnausfahrt Lohhof führen. Diese Verschandelung unseres schönen Ortes werde ich mit allen Mitteln bekämpfen. Das Dachauer Moos ist tabu, dort sollte die Gemeinde keine weitere Bebauung zusätzlich zum bestehenden Baurecht zulassen. Und dass weder in den Waldflächen noch am Flugplatz Baurecht geschaffen wird, ergibt sich fast von selbst.
IFO: Wo sehen Sie Handlungsspielraum bei Verkehrsfragen?
Spirkl: Ich möchte die Verlegung der St 2342 an die A 92 mit allem Nachdruck verfolgen. Dadurch würden täglich 10.000 Autos weniger durch den Ort fahren. Einen Teil dieser Trasse kann man auch wunderbar nutzen, um das geplante Gewerbegebiet an der A 92 zu erschließen, so dass dieses möglichst wenig Verkehr innerorts erzeugt. Die Unterführung der B471 unter der Bahn lehne ich ab. Durch den Bahnübergang fahren täglich 5000 Autos nicht durch Oberschleißheim, die sonst die B471 zusätzlich belasten würden. Diese Belastung mit Autoverkehrslärm könnte nur dann in Kauf genommen werden, wenn gleichzeitig eine Entlastung vom Bahnlärm entsteht. Die im Bürgerentscheid 2009 favorisierte Lösung der Unterführung der Bahn unter der B471 hat für mich Priorität, auch wenn klar ist, dass das ein langfristiges Ziel ist und bis 2020 wohl nicht umgesetzt wird.
IFO: In Oberschleißheim ist es laut, was kann man da tun?
Spirkl: An der A 92 sollte der Lärmschutz, der im Rahmen des 6-streifigen Ausbaus von der Autobahndirektion geschaffen werden muss, meiner Ansicht nach von der Gemeinde zusätzlich ergänzt werden. Populistisch jetzt schon einen Lärmschutzwall zu fordern, der dann die Autobahndirektion aus der Pflicht entlässt, selbst Lärmschutz zu schaffen, ist für mich undenkbar. Die Gemeinde hat für die weiterführenden Maßnahmen eine Sonderrücklage Lärmschutz geschaffen. In Lustheim ist der Verkehrslärm stark, die Ortsrandlage macht eine Lärmschutzwand möglich. Deshalb wird dieses Jahr an dieser Stelle begonnen. Allerdings sind weitere Lärmschutzwände in Oberschleißheim aus städtebaulicher Sicht schwierig umzusetzen und aufgrund der vielen Unterbrechungen durch Einfahrten und Straßen auch nicht effektiv. Das dieses Jahr angelaufene, von der FDP beantragte, Lärmschutzfensterprogramm soll möglichst schnell evaluiert werden, eventuell müssen mehr Mittel im Haushalt vorgesehen werden. Dieses Programm richtet sich an alle Bürgerinnen und Bürger, die ihre Fenster gegen neue Lärmschutzfenster austauschen. Die Gemeinde bezuschusst diese neuen Fenster an allen Stellen, an denen sonstiger Lärmschutz nicht möglich ist.
IFO: Wie soll es im Sozialbereich weiter gehen?
Spirkl: Elisabeth Ziegler hinterlässt ein gut bestelltes Haus, wenn es um das Thema „Soziales“ geht. Das Sozialamt im Rathaus arbeitet kompetent und hilft den Bürgerinnen und Bürgern als Ansprechpartner sehr gut weiter. Diesen Erfolg möchte ich erhalten. Problematisch ist im Moment die Situation bei den Kinderbetreuungsplätzen. Es konnte zwar die Vergrößerung des AWO-Kindergartens um eine Gruppe erreicht werden, aber auch in den nächsten Jahren wird die Gemeinde in diesem Bereich tätig werden müssen. Da allerdings durch Zuzüge nicht immer exakt planbar ist, wann wie viele Betreuungsplätze benötigt werden, muss an dieser Stelle manchmal improvisiert werden. Nach Eröffnung der Kinderkrippe der AWO am Hallenbad sollte sich absehen lassen, ob eine weitere Investition in Gebäude für Kinderbetreuung nötig ist. Falls ein Ausbau der Gebäude nötig wird, sollte die Gemeinde dieser Aufgabe mit einer sehr hohen Priorität nachkommen. Allerdings bedeutet dies auch, dass an anderer Stelle dann Abstriche gemacht werden müssen. Auch ein weiterer Ausbau der Ganztagesklassen an unseren Schulen stellt für mich einen Gewinn für Oberschleißheim dar und vereinfacht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für junge Mütter und Väter enorm.
IFO: Was sagen Sie zur Umgebung von Oberschleißheim?
Spirkl: Der Charakter unseres Ortes zwischen Wald, Heide und Moos muss unbedingt erhalten bleiben. Das bedeutet, dass wir kein Zusammenwachsen mit den Nachbarorten, insbesondere München und Unterschleißheim zulassen dürfen. Der Flugplatz, die Schlossanlagen, die Ruderregatta und die Wälder sind als Naherholungsgebiete weit über Oberschleißheim hinaus bekannt und beliebt. Ich werde mich dafür einsetzen, dass das so bleibt. In Oberschleißheim sind keine Windkraftanlagen möglich. Deshalb sollte die Gemeinde in andere Formen der erneuerbaren Energien investieren und die Energiewende mit gutem Beispiel voranbringen. Die neue Kinderkrippe wird im Passivhausstandard errichtet und benötigt nur noch so viel Heizenergie wie ein Einfamilienhaus. Diesen von mir im Gemeinderat angeregten Weg möchte ich konsequent weitergehen.
IFO: Oberschleißheim lebt von der Vielfalt seiner Vereine und Organisationen. Wie wollen Sie das weiter fördern?
Spirkl: Sie tragen enorm zur Lebensqualität in unserem Ort bei. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass trotz knapper finanzieller Mittel möglichst viele Vereine so ausgestattet werden, dass sie ihre Arbeit erfolgreich tun können. Erste Priorität wird für mich die Schaffung einer dauerhaften Bleibe für die VHS und die Nachbarschaftshilfe sein.
IFO: Der Erhalt von Straßen, Wasserver- und Abwasserentsorgung, Bürgerzentrum, Hallenbad, Grünflächen, Spielplätzen und Sportanlagen kostet viel Geld. Trotzdem muss die Gemeinde diese Infrastruktur erhalten und es darf auch weiterhin kein Investitionsstau aufkommen. Wie soll das gehen?
Spirkl: Unter Elisabeth Ziegler hat Oberschleißheim seine Schulden massiv gesenkt. Dieser Schuldenabbau muss weitergehen, bis 2020 sollte die Gemeinde ihre Schulden von aktuell ca. 4,4 Millionen Euro halbieren. Dazu gehört eine solide Haushaltspolitik, die nicht von der Hand in den Mund lebt. Investitionen müssen aus den Rücklagen der Vorjahre getätigt werden und nicht aus den laufenden Einnahmen. Dann kann man gut abschätzen, wie viel Geld zur Verfügung steht und welche Investitionen machbar sind und welche nicht. Diese Haushaltspolitik ist mein oberstes Ziel. Das bedeutet aber auch, dass man nicht jedes Jahr allen berechtigten Interessen nachkommen kann. Die Diskussion über diese Interessen und ihre Priorisierung muss eine politische sein und ich freue mich darauf, diese Diskussion zu gestalten und zu moderieren.
IFO: Das klingt ja alles schon etwas wie ein Wahlprogramm, das kommt sicher noch! Jetzt bitten wir um ein Schlusswort.
Spirkl: Es gäbe in der Tat noch vieles, über das wir heute sprechen könnten. Für mich ist Oberschleißheim ein lebenswerter und liebenswerter Ort. Ich möchte mich 100%-ig dafür einsetzen, dass das auch so bleibt und ihn an vielen kleinen Punkten noch besser machen. Seit 13 Jahren gilt mein Interesse der Politik und auch der Gestaltung unseres Ortes. Ich freue mich wirklich sehr, dass es die Möglichkeit gibt, mein Hobby zum Beruf zu machen. Ich werde meine politische Begeisterung und mein gesamtes Engagement in diesen Wahlkampf stecken und später hoffentlich in das Amt des 1. Bürgermeisters. Dazu bitte ich die Bürgerinnen und Bürger um ihr Vertrauen.
Das Interview führte IfO-Chefredakteur Dr. Peter Lemmen